Theodor W. Adorno – Musikästhetik für das 20. Jahrhundert
1. Einleitung
Diese Arbeit trägt den Titel Adorno – Musikästhetik für das 20. Jahrhundert. Der gebildete Bürger müsste sich nun fragen: „Adorno, nun gut – Frankfurter Schule. Aber was hat Adorno mit Musikästhetik zu tun?“ Die meisten Menschen nehmen Adorno als Philosophen der kritischen Theorie wahr, aber nicht als Komponisten und Musikwissenschaftler. Weniger bekannt als seine Werke Dialektik der Aufklärung oder Minima Moralia sind seine Monographien über Wagner, Mahler und Berg, sein Werk Musikalische Schriften oder seine Einleitung in die Musiksoziologie.
Seine Abhandlung zur Musikpädagogik hat zu weitreichenden Veränderungen im Curriculum der Musikerziehung geführt. Auch bei den Ferienkursen für Neue Musik in Kranichstein und Darmstadt in den 50er Jahren hat er sich als Kursleiter und Diskussionsteilnehmer einen Namen gemacht und mit Persönlichkeiten wie Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen oder Luigi Nono über neue Wege der Komposition nachgedacht.
Die vorliegende Arbeit widmet sich verstärkt Adornos Musiktheorien – seine Kritik an der Kulturindustrie und Musikpädagogik, sowie Hörtypologie.
Nichtsdestotrotz muss man Adornos Theorien im Bereich der Musikwissenschaft immer wieder im Kontext seiner Biographie und Gesellschaftskritik betrachten. Denn Adorno selbst sah Musik immer im Spannungsfeld von Philosophie und Soziologie, weswegen er sich nie zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen entscheiden wollte, sondern sie vielmehr vereinte.
2. Biographie
Theodor Wiesengrund-Adorno wurde am 11. September 1903 in Frankfurt geboren. Er wuchs als Einzelkind bei seinen Eltern auf, dem Weingroßhändler Oscar Alexander Wiesengrund und der Sängerin Maria Barbara Calvelli-Adorno. Sein Vater war von jüdischer Herkunft, konvertierte aber später zum Protestantismus. Adorno selbst ist „aufgewachsen in einer ganz und gar von theoretischen (auch politischen) und künstlerischen, vor allem musikalischen Interessen beherrschten Atmosphäre“.(Schweppenhäuser 2005:7).
Adorno erlernte früh das Klavierspiel bei seiner Tante und nachdem er das Abitur mit 17 Jahren bestand, schloss er sein Studium der Philosophie, Musikwissenschaft, Soziologie und Psychologie mit 21 Jahren ab. Er promovierte bei Hans Cornelius in Philosophie und schloss seine Dissertation 1924 mit summa cum laude ab.
Adorno, der sich zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen Musik und Philosophie nie so richtig entscheiden wollte und diese immer interdisziplinär verstand (vgl. Schweppenhäuser, 2005), trieb seine musikalischen Studien voran, indem er 1925 für ein Jahr nach Wien ging und Komposition und Klavierspiel bei Alban Berg und Eduard Steuermann studierte. Dort kam er auch mit Arnold Schönberg und Anton Webern in Kontakt und studierte deren Techniken der Atonalität und Zwölftonkomposition, was später eine große Rolle in seiner Sichtweise der Musikphilosophie spielen sollte.
Zurück in Frankfurt, forschte und lehrte Adorno am frisch gegründeten Institut für Sozialforschung und intensivierte den Kontakt zu dessen Direktor Max Horkheimer (vgl. Schweppenhäuser, 2005). Hier arbeitete er neben Herbert Marcuse, Erich Fromm und Leo Löwenthal empirisch an einer Ursachenforschung des autoritären Charakters, der zu totalitären Gesellschaftsstrukturen führen kann.
(Das Institut für Sozialforschung 1924-1933,
Quelle: www.ifs.uni-frankfurt.de/institut/geschichte2.htm, 01.06.2009)
Nach der Machtergreifung des NS-Regimes 1933 wurde Adorno die Lehrbefugnis entzogen und er ging nach Oxord an die Universität, wo er bis 1937 lehrte und sich habilitierte.
1938 folgte er Horkheimers Ruf und emigrierte nach Amerika, um bei dem inzwischen auch nach Amerika übergesiedeltem Institut für Sozialforschung weiterhin zu forschen. Dort verfasste er zusammen mit Horkheimer das Werk „Dialektik der Aufklärung“, welches später zur Grundlage der kritischen Theorie wurde und 1947 veröffentlicht wurde. Nebenbei beriet Adorno Thomas Mann bei der Entstehung seines Werkes Dr. Faustus, indem er ihm die Zwölftonkomposition erklärte. Adorno legte in Amerika seinen Zweitnamen Wiesengrund ab und veröffentlichte von da an unter dem Namen Theodor W. Adorno.
Die gesellschaftlichen Veränderungen, die Adorno in Amerika beobachte, registrierte er mit Skepsis. Er verfasste Werke wie Minima Moralia, Philosophie der neuen Musik und Versuche über Wagner, in denen er besonders die entstehende Kulturindustrie scharf kritisierte. Aber auch seine Studien zum autoritären Charakter, die er in Frankfurt begann setzte er fort und veröffentlichte sie noch in Amerika. (vgl. Schweppenhäuser, 2005).
1949 wandte er Amerika den Rücken zu und kehrte zusammen mit Max Horkheimer nach Frankfurt zurück, wo sie das Institut für Sozialforschung wieder aufbauten. Dort arbeitete er als Professor für Philosophie und Musiksoziologie. Bis in die 60er Jahre hinein erarbeitete er sich einen Ruf, der ihn zu „einem der wichtigsten kritischen Intellektuellen der jungen Bundesrepublik“ (Schweppenhäuser 2005:14) machte. In dieser Zeit verfasste er Werke wie Dissonanzen. Musik in der verwalteten Welt, Einleitung in die Musiksoziologie oder Negative Dialektik.
Als es seit Gründung der Außerparlamentarischen Opposition 1966 zu studentischen Unruhen in der Universität Frankfurt kam, hatte Adorno zwar anfangs Sympathie für die Studenten, lehnte aber „alle Formen von Aktionismus und Gewaltanwendung ab […] In Adorno weckten sie Erinnerungen an das anti-demokratische Potenzial im Vorfaschismus.“ (Schweppenhäuser 2005:15).
(Adorno und Hans-Jürgen Krahl, Quelle: www.krahl-seiten.de, 01.06.2009)
Der Konflikt mit den Studenten verschärfte sich. Adorno 1969 sagte vor Gericht gegen seinen Doktoranden Hans-Jürgen Krahl wegen Unruhestiftung aus. Danach verließ er Frankfurt, um mit seiner Frau in der Schweiz Ferien zu machen und sich von dem Trubel an der Universität zu erholen. Dort erlitt er einen Herzinfarkt und starb wenige Tage danach mit 66 Jahren in einer Schweizer Klinik.
3. Kritische Theorie
Adorno war einer der Wegbereiter der Kritischen Theorie, allgemein bekannt als Frankfurter Schule. Am Institut für Sozialforschung in Frankfurt machten sich verschiedene Wissenschaftler daran, interdisziplinär eine Theorie zu entwickeln, die die moderne kapitalistische Gesellschaft zu erklären versuchte (vgl. Schnell, 2000). Die Wissenschaftler waren Max Horkheimer, Friedrich Pollock, Henryk Grossmann, Erich Fromm, Herbert Marcuse, Leo Löwenthal und eben Adorno. Basierend auf den Ideen von Kant, Hegel und Marx, wollten die Wissenschaftler gesellschaftlichen Phänomenen analytisch anhand der empirischen Forschung auf den Grund gehen. Veröffentlicht wurden einzelne Erkenntnisse in der Zeitschrift für Sozialforschung, von Horkheimer 1932 in New York gegründet, nachdem das Institut in die USA übergesiedelt war. Das Hauptwerk zur Kritischen Theorie, wurde 1947 jedoch nur von Horkheimer und Adorno verfasst und trägt den Titel Dialektik der Aufklärung. Die beiden Wissenschaftler beschreiben, dass die moderne Gesellschaft trotz fortschreitender Technologien immer irrationaler wird und gehen von „einem stetigen Verfall des rationalen Denkens seit der Aufklärung“ aus (Schnell, 2000:266).
Oder besser gesagt, das rationale Denken als System fällt in sich zusammen. Schweppenhäuser schreibt hierzu (2005:42):
„Im Siegeszug der Aufklärung gewahren Horkheimer und Adorno deren Gegenteil. Vernunft wird zum Herrschaftsmittel. Wissenschaftliche Rationalität wird zum starren, geschlossenen System, dem alles subsumiert werden werden soll, ob es hineinpasst oder nicht. Der höchste entwickelte Stand der modernen Produktivkräfte dient dem höchsten vorstellbaren Maß an Destruktivität, dem Krieg und der industriell organisierten massenhaften Vernichtung von Menschen. Aufklärung ist insofern nicht verwirklicht worden“
Besonders die Massenkultur gerät in die Kritik. Kultur, die aufgrund von Verkaufsargumenten entsteht, übernehme das Denken für das Individuum und der Rezipient verkomme zum Konsumenten. Das einzige Ziel der Kulturindustrie sei, die Ware Kultur profitmaximal zu vermarkten. Die Produkte, so Adorno, seien von ewiger Wiederkehr gekennzeichnet und hielten den Konsumenten „im Bann einer steten Wiederholung gefangen“ (Schweppenhäuser, 2005:44).
Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, sei Selbstreflexion auf Basis der analytischen Logik von Nöten und vor allem eines: Kritik. Horkheimer und Adorno argumentieren, dass „Kritik ein wesentlicher Bestandteil des Denkens ist“ (Schweppenhäuser, 2005:19) und dass Kritik als Negation des Bestehenden auch ein schöpferisches, konstruktives Element besäße.
Adorno begründet später, dass „Kritik im fortgeschrittenen Kapitalismus nur noch als individuelle Verweigerung möglich sei“ (Schnell, 2000:266).
4. Das Verstummen der Musik
Wie im Kapitel zuvor beschrieben, war ein Hauptangriffspunkt Adornos die Kulturindustrie. In diesem Zusammenhang benutzt er häufig das Wort Massenbetrug und weist auf den zunehmenden Warencharakter der Kultur hin. Besonders bei der Musik beeinflusse die Industrie in ihrer Rolle als Vermittler zwischen Werk und Konsument das Subjekt stark. Musik mutiere zum Massenprodukt des Amüsements. Er fragt sich, „wen die Unterhaltungsmusik noch unterhalte“ (vgl. Adorno, 2003). So ist Musik, seiner Definition nach, immer mit Erkenntnis verbunden und sollte in Wechselwirkung mit der Philosophie verstanden werden (vgl. Schweppenhäuser, 2005).
In Dissonanzen (2003:26) beschreibt Adorno ein düsteres Szenario:
„Sie [die affektive Besetzung des Tauschwertes] entspricht der Verhaltensweise des Gefangenen, der seine Zelle liebt, weil nichts anderes zu lieben ihm gelassen wird. Die Preisgabe der Individualität, die in die Regelhaftigkeit des Erfolgreichen sich einpasst; das Tun dessen, was jeder tut, folgt aus dem Grundfaktum, daß von der standardisierten Produktion der Konsumgüter in weiten Grenzen jedem dasselbe angeboten wird. Die marktmäßige Notwendigkeit zur Verhüllung dieser Gleichheit aber führt zum manipulierten Geschmack und zum individuellen Schein der offiziellen Kultur, der notwendig proportional mit der Liquidierung des Individuums wächst.“
(Die Beatmusik entwickelte sich von einer Minderheitenmusik zu einem Massenphänomen, welches nun auch in den Medien Platz fand – Der Beat Club als Sprachrohr der Industrie in den 1960ern, Quelle: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/, 03.06.2009)
Für Adorno ist die Neue Musik ein Weg aus der musikalischen Massenkultur. Als Vertreter der 2. Wiener Schule fühlt er sich der Tradition der Zwölftonmusik mit Komponisten Arnold Schönberg und Anton Webern verbunden. Adorno sieht in der Musik der freien Atonalität „das Potential an Freiheit, Spontanität und Ausdruck des Subjekts“ (Schweppenhäuser, 2005:126).
4.1 Die Regression des Hörens
Popular Music war Adorno ein Dorn im Auge. Sie führe zu einer Regression des Hörens. Der Rezipient sei gar nicht mehr in der Lage, Werke zu beurteilen, denn, so schreibt Adorno, „die Bekanntheit des Schlagers setzt sich an Stelle des ihm zugesprochenen Wertes“ (Adorno, 2003:14). Der Hörer setzt also das Wiedererkennen eines Stückes an Stelle des Wertens. Er sei also gar nicht mehr fähig aus seiner von „standardisierten Musikwerken“ (Adorno, 2003:15) umzingelten Situation herauszubrechen und die Musik objektiv zu betrachten. Der Einfluss der Medien und der Industrie machte den Bürger sozusagen unmündig. Er verfalle dem „Waren-Hören“ (Adorno, 2003:21).
Adorno geht sogar noch einen Schritt weiter und bezieht nicht nur den Schlager oder die leichte Musik, sondern auch die klassische Musik in seine Kritik mit ein. Er schreibt hierzu (2003:21):
„Sie werden einzig noch aus Gründen der Absatzfähigkeit manipuliert: dem Schlagerenthusiasten muss ebenso versichert werden, dass seine Idole nicht zu hoch für ihn seien, wie dem Besucher der Philharmonie sein Niveau bestätigt.“
4.2 Typen musikalischen Verhaltens
Da Adorno Musik auch immer wieder in Zusammenhang mit der Soziologie betrachtete, entwarf er eine Hörertypologie. Erste Ansätze hatte er schon 1939 angefertigt, doch zur Veröffentlichung kam es erst 1962. Adorno unterscheidet bei Musikhörern zwischen folgenden Archetypen:
1. Der Experte
2. Der gute Zuhörer
3. Der Bildungskonsument
4. Der emotionale Hörer
5. Der Ressentiment-Hörer
6. Der Unterhaltungshörer
7. Der gleichgültige, unmusikalische, antimusikalische Hörer
Den Experten findet man meistens unter Berufsmusikern. Er besitzt nötige Fähigkeiten und Techniken, Stücke zu analysieren. Der Experte „wäre der voll bewusste Hörer, dem nichts entgeht und zugleich in jedem Augenblick über das Gehörte Rechenschaft sich ablegt“ (Adorno, 2003:182).
Der gute Zuhörer besitzt ähnliche Fähigkeiten wie der Experte, nur dass ihm das Handwerk insofern fehlt, als dass er die Terminologie nicht ganz beherrscht. Adorno vergleicht dies mit der Linguistik, wo jemand die Sprache versteht, selbst wenn er keine Ahnung von Syntax oder Grammatik hat.
Der Bildungskonsument beschäftigt sich viel mit Musik. Er sammelt Platten, besucht Konzerte und beschäftigt sich mit den Biographien der Komponisten und Künstler. Musik sieht er als etwas, „was man um der eigenen sozialen Geltung willen kennen muss“ (Adorno, 2003:184). Zur Analyse von Werken fehlt ihm aber die Fähigkeit.
Der emotionale Hörer wertet Musik nicht nach der Form. Für ihn steht die affektive Funktion des Werkes im Vordergrund. Adorno schreibt, dass „die Musik Mittel ist zu Zwecken seiner eigenen Triebökonomie“ (2003:187).
Der Ressentiment-Hörer zeichnet sich dadurch aus, dass er zumeist Anhänger einer eher seltenen Musikrichtung ist. Ihm sind im Gegensatz zum emotionalen Hörer Form und Analyse sehr wichtig. Er verachtet zumeist die Popular Music.
Der Unterhaltungshörer ist der Prototyp, für den die Unterhaltungsindustrie produziert. Somit ist dieser Typus am häufigsten vertreten. Musik hat für ihn eine vornehmlich soziale Funktion und dient eher als Reizquelle. Er lässt sich gerne von Radiomusik berieseln. Adorno vergleicht die Struktur des Hörens dieses Typus mit der des Rauchens: „Sie wird eher durchs Unbehagen beim Radioapparat definiert als durch den sei´s auch noch so bescheidenen Lustgewinn, solange er läuft“ (Adorno, 2003:193).
Der Antimusikalische Typus ist sehr rar. Er lehnt Musik jeglicher Form ab. Adorno vermutet Gründe pathologischer Art, sowie einer stark autoritären Erziehung (vgl. Adorno, 2003:196ff).
Adorno räumt ein, dass seine Typologie, die rein gedanklicher Natur ist und der keine empirischen Forschung zugrunde liegt, der Überarbeitung bedarf. Des weiteren schreibt er, dass die hier beschriebenen Typen als idealtypisch zu sehen seien und nicht eindimensional (vgl. Adorno, 2003).
5. Zur Musikpädagogik
Adorno veröffentlichte 1957 einen 12-teiligen Aufsatz zur Musikpädagogik, um sich kritisch mit der musikalischen Erziehung auseinanderzusetzen.
Wie im dritten Kapitel dieser Arbeit beschrieben, steht Adornos Philosophie ganz im Sinne der Rationalität. Somit distanziert sich Adorno von der Reformpädagogik und dem unreflektierten Musizieren (vgl. Frisius, 1973).
(Plastische Übung nach Dalcroze,
Quelle: www.gutenberg.org/files/21653/21653-h/21653-h.htm 03.06.2009)
Für ihn steht im Vordergrund, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ein Schüler sich musikalisch betätigen kann. Hierzu schreibt er (2003:108):
„Der Zweck musikalischer Pädagogik ist es, die Fähigkeiten der Schüler derart zu steigern, daß sie die Sprache der Musik und bedeutende Werke verstehen lernen; daß sie solche Werke so weit darstellen können, wie es fürs Verständnis notwendig ist; sie dahin zu bringen, Qualitäten und Niveaus zu unterscheiden und, kraft der Genauigkeit der sinnlichen Anschauung, das Geistige wahrzunehmen, das den Gehalt eines jeden Kunstwerks ausmacht. Nur durch diesen Prozeß, die Erfahrung der Werke hindurch, nicht durch ein sich selbst genügendes, gleichsam blindes Musizieren vermag Musikpädagogik ihre Funktion zu erfüllen.“
Erst Theorie, dann Praxis. Erst Technik, dann Spiel. Für Adorno ist es wichtig, die „Fähigkeit der musikalischen Imagination“ zu fördern, so dass der Schüler lernt, „mit dem inneren Ohr Musik so konkret und genau sich vorzustellen, als erklänge sie leibhaft“ (Adorno, 2003:109). Dies ist aber nur durch strenge Disziplin und Übung zu realisieren. Der Lehrer solle nicht dem Drang der Schüler folgen, ihn mit einer „do it yourself“-Pädagogik abzuspeisen, sondern ihn mit einem strukturierten Curriculum von Übungen so zu leiten, dass er die kognitive Fähigkeit erreicht, Musik zu verstehen (vgl. Adorno, 2003).
Dabei sollte der Lehrer konsequent diese Methode vertreten, auch gegen den Willen des Schülers. Adorno schreibt hierzu (2003:121):
„Es wäre von wahrer Pädagogik zu aktivieren und ins Bewusstsein zu erheben, anstatt dass sie, aus Angst, ihren Kunden zu verlieren, deren momentanem Wunsch sich beugt und damit die Schüler um genau das bringt, was sie ihnen eigentlich zu übermitteln hätte.“
So fordert Adorno den Musikunterricht zu rationalisieren und zu heilen von einer Pädagogik des Dilettantismus, hin zu einer der Spezialisierung und konstruktivistischen Erkenntnis (vgl. Adorno, 2003).
6. Fazit
Adorno ist aufgewachsen in einer Zeit der totalitären Gesellschaftssysteme. Seine Theorien berufen den Geist des Rationalen und der Vernunft, um eine Schreckensherrschaft, wie die der NS-Zeit nicht noch einmal erleben zu müssen. Als er 1949 wieder nach Deutschland zurückkam und in Frankfurt das Institut für Sozialforschung aufbaute, spürte er den Geist der Gesellschaft und den ökonomischen Wandel der jungen BRD. Die Zeit des Wirtschaftswunder begann und die Konsumgesellschaft war geboren. Adorno kämpfte gegen die entstehende Massenkultur und appellierte an den Verstand, sich nicht als Konsument von der Wirtschaft lenken zu lassen. So war ihm besonders die Kulturindustrie ein Dorn im Auge, die Kunst und Musik zur Ware generierte und den Bürger unmündig werden ließ. Sein Appell ging auch an die Musikpädagogik, sich nicht von unreflektiertem Ausprobieren lenken zu lassen, sondern Rationalität und Vernunft auch in den Klassenräumen walten zu lassen. Analyse und Theorie sind Schlagwörter, die meine Generation in der Musikpädagogik der 80er Jahre voll zu spüren bekommen hat. Mein Musiklehrer hat sich der Theorie mehr als genug bedient, so dass Klassenmusizieren eine rare Praxis geworden ist. Vielleicht ist es in der heutigen Zeit die Balance zwischen Theorie und Praxis, die ästhetische Erfahrungen zur Erkenntnis führen, anstatt von einem Extrem ins andere zu pendeln.
7. Literaturverzeichnis
Adorno, T.W. (2003). Dissonanzen. Einleitung in die Musiksoziologie. Frankfurt: Suhrkamp Verlag
Adorno, T.W. (2003). Gesammelte Schriften. Band 14. Frankfurt: Suhrkamp Verlag
dtv (1985). dtv-Atlas zur Musik. Band 2. München: Deutscher Taschenbuch Verlag
Feil, A. (2005). Metzler Musik Chronik. Stuttgart: Metzler Verlag
Fuhr, M. (2007). Populäre Musik und Ästhetik. Bielefeld: transcript Verlag
Helms, S./Schneider, R./Weber, R. (2006). Handbuch des Musikunterrichts. Sekundarstufe 1. Kassel: Gustav Bosse Verlag
Schnell, R. (2000). Metzler Lexikon. Kultur der Gegenwart. Stuttgart: Metzler Verlag
Schweppenhäuser, G. (2005). Theodor W. Adorno zur Einführung. Hamburg: Junius Verlag
Internet:
von Friedeburg, L. Geschichte des Instituts für Sozialforschung. URL <http://www.ifs.uni-frankfurt.de/institut/geschichte.htm> [Zugriff am 01.06.2009].
Frisius, R. (1973). Zur Diskussion um die Zielvorstellung des Unterrichts – Adorno, URL <http://www.musikpaedagogik-online.de/unterricht/netzspezial/reflexion/frisius/show,15626.html> [Zugriff am 03.06.2009].
Danke für diese interessante Zusammenstellung und Verknüpfung von Adornos Gesellschafts- mit seiner Musiktheorie. Hat mir geholfen, mir einen Überblick über sein Denken zu verschaffen.
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